Pontedassio, die kleine, hübsche Marktgemeinde im Impero-Tal, hatte bis vor einigen Jahren eine echte Sehenswürdigkeit: das italienische Pastamuseum. Inzwischen ist es umgezogen, die neue Adresse lautet Via Flaminia in Rom. Dieser Umzug des Museums, das von der Stiftung der Familie Agnesi getragen wird, war wohl schon ein schlechtes Zeichen. Inzwischen steht die Pastaproduktion von Agnesi in Ligurien auf der Kippe.
Seit 1824 werden von der Familie Agnesi Nudeln hergestellt. Agnesi ist damit die älteste noch produzierende Marke in Italien.
Begonnen hatte die Geschichte der Pasta im Zeichen des Segelschiffs eben im Impero-Tal, in Pontedassio, als Paulo Battista Agnesi eine Windmühle erwarb.Das stolze Segelschiff im Firmenlogo kommt aus der Zeit, als eine eigene Flotte bis in die Ukraine(!) schipperte, wo es angeblich den besten Weizen der Welt für die Herstellung von Nudeln gab.
Im vergangenen Jahrhundert zog Agnesi nach Oneglia um, den geschäftigen Teil der Doppelstadt Imperia. Das mächtige Produktionsgebäude am alten Hafen ist bis heute eines der industriellen Wahrzeichen der Stadt. Das könnte sich bald bald ändern, denn bei Agnesi ist nichts mehr so, wie es früher einmal war. Erst hatte sich Danone die Nudelmacher gekrallt, seit 1999 ist Agnesi nur noch ein Teil der Colussi-Gruppe, zu der unter anderem auch die Marken DelMonte und Misura gehören. In Zeiten, in denen italienische Industrie-Nudeln regelrecht verramscht werden, ist die Profitlinie logischerweise gesunken. Und deshalb sind die Manager von Colussi scharf auf die Immobilien von Agnesi.
Die Nudelfabrik in Oneglia, direkt an der umtriebigen Hafenpromenade gelegen, verspricht eine ganz andere Rendite. Als „Tor zum Meer“ soll dort ein neuer Komplex entstehen – für Restaurants, Shops und Luxuswohnungen. Dazu aber muss die Nudelproduktion weg aus Oneglia. Pläne dafür gibt es – und Proteste ebenfalls, seit Monaten. Die Belegschaft kämpft um die etwa 200 Arbeitsplätze bei der Traditionsfirma Agnesi. Diese Woche hat es wieder eine Krisensitzung im Stadtrat gegeben, begleitet von Protesten der Angnesi-Arbeiter. Das vorläufige Ergebnis sieht nach einem Abschied auf Raten aus. Bis Ende nächstes Jahr ist die Nudelproduktion erstmal gesichert, dann wird sie wahrscheinlich in ein Colussiwerk in Piemont verlagert. Die Belegschaft verzichtet für diesen Kompriß auf Teile des Lohns. Als Ersatz könnte danach eine Sugo-Herstellung nach Omneglia kommen, die deutlich weniger Platz braucht und auch an einem anderen Standort in Oneglia aufgezogen werden könnte. Die Manager von Colussi wären dann endlich am Ziel ihrer Wünsche – die Geschichte der Nudelherstellung in Italien müßte aber um ein neues Kapitel erweitert werden… ausgerechnet im Nudelmuseum der Familie Agnesi im fernen Rom.
Der kleine Tippfehler „Kompriß“ passt mehr als gut, liegt er doch so nah am rheinischen „Driss“… http://www.mitmachwoerterbuch.lvr.de/detailansicht.php?Artikel=Driss
Es ist natürlich nicht, die Geschichte, die gefällt, nur die Tatsache, dass Du sie erzählst. Klingt sehr schade drum.
Dem schließe ich mich an. Die europäische neoliberale Wirtschaftspolitik, die alles den „Märkten“ überlässt, kommt uns alle verdammt teuer zu stehen.
In Zeiten der Globalisierung ist es nur eine Randnotiz der Geschichte, traurigerweise. Dass Familien daran hängen, die nicht mal so schnell „verschoben“ werden können, interessiert heute leider niemanden mehr, der als Aktionär der großen Nahrungs-Misch-Konzerne am Ende des Tages seine Kohle zählt..